Ziege, klein BARWICK.DE/BLOG
Japan

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Thursday, June 2, 2005   9:55 PM

Akihabara

Neulich wurde ich von einem Kollegen aus der Katzen-Blog-Szene auf einen Artikel in der Washington Post zum Tokioter Elektronikviertel Akihabara aufmerksam gemacht.

Nun, Akihabara (秋葉原, "Weide der Herbstblätter") ist gewissermassen das Ground Zero der Hardware-Branche, zumindest in Japan und wahrscheinlich (noch) in Asien (und daher der ganzen Welt). Hier gibt es alles vom kleinsten Dingsdasteilchen bis zur kompletten Klimaanlage. Natürlich auch allerlei Computer-Krimskram, neu und gebraucht. Da schlägt das Herz des ISA-Karten-Sammlers höher.

Im verlinkten Artikel jedoch gewinnt man den Eindruck, die kosupure-Szene aus Shibuya / Harajuku habe die Gegend schon in Beschlag genommen und man könne sich vor lauten Manga- und Anime-Otakus kaum bewegen.

Menschen am Sonntag

Ich war beunruhigt. Es war schon mehr als vier Wochen, seitdem ich zuletzt in Akiba (wie wir Insider es nennen) gewesen war. Die Stadtviertel in Japan und besonders in Tokio verwandeln sich zwar schnell, aber sowas? Besorgt bestieg ich eine Bahn der kurvenreichen Chuo-Sobu-Linie (die führt aber an den Graben der ehemaligen Edo-Schloss-Anlagen vorbei, so dass im Fall der Fälle eine Wasserlandung die wahrscheinlichste ungeplante Endhaltestelle wäre) und fuhr nach Akihabara, dessen Bahnhof übrigens recht verwinkelt ist und daher immer als Versuchsfeld für die neuesten Wegeleitsysteme benutzt wird.

<Jugend Forscht

Hmm. Es war ein Sonntag. Viele Familienväter mit Kindern unterwegs (die Familienmütter wahren wahrscheinlich alle in Ginza einkaufen). Viele Touristen, die begeistert um sich fotografierten. Viele Elektronik-Groß- und Kleinkaufhäuser. Suchen wir weiter. Schrott, ISA-Karten und Laptops für 2,000 Yen (ca. €15; Windows 3.1 auf 25 3,5-Zoll-Disketten gab's gratis dazu). In einem Laden ein wunderschöner Fund: echte 8-Zoll-Laufwerke. 315 Yen (ca. €2,50). Ein oder gleich zwei Stück kaufen? Mist - auf der Rückseite der Heiratsurkunde steht: "Bräutigam verpflichtet sich, nutzlosen Elektroschrott dort stehen zu lassen, wo es hingehört. Im Gegensatz verpflichtet sich Braut, die Anzahl der gemeinsamen IKEA-Besuche auf höchstens vier pro Jahr zu beschränken und zeigt Verständnis dafür, dass Bräutigam alle Abkürzungen im Ausstellungsbereich ausgiebig ausnutzt".

Aha:

Ein Manga-Kaufhaus. 6 Stockwerke volle Manga-Zeitschriften. Nun, ich bin ein weitgereister Mensch, habe mich aber bisher recht wenig mit Manga beschäftigt. Hier gibt es aber Mangas, in denen Stellungen und Vorgänge dargestellt werden, die - wenn man sie auf echte Menschen übertragen würde - auch im Internet nur nach sehr langem Suchen aufgestöbert werden könnten.
Cure Maid Cafe

Derart aufgeklärt und erleuchtet (Analsex mit einem Tiger-II-Panzer der Waffen-SS?) geht die Suche weiter. Und siehe da: ein Cafe. Mit schwarzgekleideter Dienerinnenbedienung. Genau wie in der Washington-Post beschrieben. Es ist das Cure Maid Cafe. Leider war die veranschlagte Zeit vorbei, so dass eine eingehendere Untersuchung nicht möglich war. Und wie es sich herausstellte, war ein paar Blocks weiter Akihabara auch zum Ende und übergeht fast nahtlos in Ameyoko-Cho, die Gegend um den Bahnhof Okachimachi, wo man alles Nicht-Elektronisches billig kriegt und es ausserdem das Cafe Garmisch gibt.

Fazit: Hardware-Liebhaber können ausatmen. Man muss sich nicht als Weltraumadmiral aus dem Gundam-Universum verkleiden, um seinen Bedarf an altem und künftigem Schrott und sonstigen netten Gadgets billig zu decken.

Übrigens: wenn es um kosupure gibt, beschränkt sich das Phänomen keinesfalls nur auf Japan.


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